Mittwoch, 4. März 2015

Die ständige Ablenkung



 "Turning to face what you've become
Buried the ashes of someone
Broken by the strain
Trying to fill that space inside
Am I just like you?
All the things you do can't help myself

How do you feel when there's no sun?
And how will you be when rain clouds come?
And pull you down again
How will you feel when there's no one
Am I just like you?
All the things you do ...

Don't ever feel that you're alone
I'll never let you down
I'll never leave you dry
Don't fall apart
Don't let it go
Carry the notion
Carry the motion, back to me, to me
Feeling the moment slip away
Feeling the moment slip away"

(Feeder - Feeling A Moment)

Serien. Ich verbringe wirklich viel meiner Freizeit damit mir eine Folge nach der anderen reinzuziehen. Das erste, was ich morgens mache, ist mein guten Lenovi anschmeißen und die berühmten 10 Sekunden auf den Start des streams zu warten. Das ist mein Gefühl von Freiheit, Selbstbestimmung und Geborgenheit. Ich liebe es einfach. Es ist meine Entspannung im stressigen Uni-Leben. Irgendwie kommt es mir manchmal auch bisschen vor wie eine Sucht. Kann ich nicht mit meinen eigenen Gedanken alleine sein? Immer. Immer läuft so eine Serie. Das Leben anderer Menschen in bewegten Bildern. Vielleicht reicht mir mein Leben nicht. 

Hm. Das klingt alles so traurig. Eigentlich ist doch nichts Schlimmes an etwas, das einen glücklich macht? Okay, das sagen wohl auch alle Junkies. Vielleicht sollte ich es so formulieren: Es kann doch nicht schlimm sein, wenn es einen glücklich macht und auf Dauer weder mir noch anderen schadet. Seien wir mal ehrlich, im Prinzip ist es ein Lückenfüller, die Stimmen anderer Leute, das Plätschern von Unterhaltung. Ich bin alleine. Zumindest bei vielen alltäglichen Aktionen: Frühstück, Putzen, Spülen, Mittagessen, Abendessen und abends im Bett. Kennt Ihr diese quälenden Stunden, wenn man im Bett liegt und hundemüde ist, aber einfach nicht einschlafen kann? So geht es mir immer. Jeden Abend. Bis auf zwei Nächte alle zwei Wochen. Denn dann ist er bei mir. Mein allerbester Freund. Mein Kuschler. Dann brauche ich die Serien nicht. Dann bin ich bei ihm und meine Welt dreht sich. Was machen eigentlich andere Menschen, wenn ich Serien schaue? Es ist ja nicht so, dass ich keine Hobbies habe. Da sind Fitness, meine Freunde treffen und wohl oder über lernen. Ja, dann kommt wohl Serienschauen. Wie man vielleicht merkt bin ich zwiegespalten, ob ich diese Freizeitbeschäftigung nun als positiv bewerten soll. Ändern werde ich wohl nichts. Nicht so lange mich noch 400 km von meiner besseren Hälfte trennen. Aber selbst dann nicht. Ich liebe es einfach. Und auch wenn sich das jetzt vielleicht blöd anhört, aber ich glaube sie verändern mich auch in gewisser Weise. Klar, das ist nicht das echte Leben. Klar, das sind alles mehr oder weniger gut bezahlte Schauspieler. 

Doch die Geschichten. Wenn man so gerührt ist, dass man weinen muss. Wenn man so wütend ist, dass man schreien muss. Wenn es so witzig ist, dass man in seinem Kämmerchen hockt und plötzlich wie ein Irrer anfängt zu lachen. Dann schaut man gerade eine gute Serie. Eine Ablenkung vom eigenen Leben. Im Prinzip auch nichts anderes als ein Buch oder ein Märchen. Es gibt eine Serie, die mich für immer verändert hat. One Tree Hill. Eigentlich eine total kitschige High-School-Drama-Serie. Aber sie hat mich so sehr beeinflusst. Sie hat mir gezeigt, dass ich die Person sein kann, die ich will. Dass ich nach der Schule nochmal komplett neu anfangen kann und mich ganz neu definieren kann. Das habe ich getan. Im Oktober 2010. Ein Schritt, der mein gesamtes Leben verändert hat. Damals (ja damals, das ist schließlich fast 5 Jahre her) habe ich mich dazu entschieden jemand anderes zu sein und doch ich zu bleiben. Meine Schüchternheit habe ich auf der Schule gelassen und musste lernen, dass offen sein und sich was zu trauen gar nicht so einfach ist. Das habe ich aus der Serie mitgenommen. Und eine Sache darf ich auch nicht vergessen: Der Glaube daran, dass es da draußen jemand gibt, der dich über alles lieben wird. Das ist wohl eingetreten. Aber genug Kitsch. Wenn einen eine Serie, das fiktive Leben von anderen Menschen so sehr positiv verändern kann, dann kann das doch gar nicht schlecht sein. Sie sind ein Teil von mir. Serien.